Darf ich vorstellen: Das Trotro

Teil 1 meiner Trotro-Reihe


Es gehört genauso zu dem alltäglichen Leben in Ghana dazu, wie das Tanzen auf der Straße, das Stampfen des Fufus oder die morgendlichen Gottesdienste – Das Trotro-Fahren. Auch für Lisa und mich ist das Trotro ein wichtiger Wegbegleiter beziehungsweise Wegbereiter geworden. Egal ob auf größeren Reisen oder einfach nur auf dem Weg zum Nachbarsdorf… Jede Reise und jedes Abenteuer, ob es nun groß ist oder klein, beginnt damit, dass wir uns an die Newroad stellen und ein Trotro heranwinken. Genauso wie meinen allerersten Weg, vom Flughafen zum Hostel, werde ich wahrscheinlich auch meine letzten Meter in Ghana in einem der wackeligen, bunten Lieferwagen zurücklegen.
 Trotros symbolisieren für mich, wie kaum ein anderer Gegenstand hier, die Lebenskultur Ghanas. Klar, es ist oftmals gefährlich und meistens nicht sonderlich bequem aber vor allem sind die Trotro-Fahrten bunt, laut und einzigartig. Keine Trotro-Fahrt ist wie die andere. Jedes Mal, wenn ich ein Trotro betrete,   weiß ich nicht, was mich erwarten wird. Welche Menschen, welcher Fahrstil und welche Wege warten auf mich? Trotro-Fahren ist wie das Eintauchen in eine neue Welt… egal, ob diese einem Kino, einem Konzert oder doch eher einem Horrorfilm ähnelt. So vielseitig wie Ghana ist, so sind eben auch die Trotros. 

Aus diesem Grund berichte ich ab jetzt jede Woche von einer neuen Trotro-Fahrt. Im ersten Teil meiner Trotro-Reihe war ich im Kino… Ihr könnt euch also gerne etwas Popcorn schnappen und mit mir ins Trotro einsteigen!

 Trotro = Kino


 Ich hocke auf dem schmalen, klapprigen Sitz, direkt am offenen Fenster. So wie viele der Menschen, die auf den Plätzen neben mir sitzen, habe auch ich eine Tüte, gefüllt mit Plantainchips, auf meinem Schoß liegen. Diese knabbere ich, quasi als Popcorn-Ersatz, während das Trotro über die huggeligen Wege brettert. Der Fahrtwind peitscht mir in das Gesicht und ich bin froh, dass ich meine Haare zu einem Dutt zusammen gebunden habe. An mir fliegen Dörfer vorbei, bewaldete Hügel und hin und wieder riesige Müllansammlungen, welche oftmals in Flammen stehen. Die Dörfer bestehen aus kleinen Hütten, vor denen Kinder Fußball spielen oder Seil springen. Auf den Wegen wird Essen verkauft oder gekocht. Oft sieht man auch Frauen, die im Schatten der Bäume rasten und sich unterhalten oder Männer, die sich an kleinen Plastiktischen gegenüber sitzen und Dame spielen. Ziegen, Straßenhunde und Hühner begleiten das Trotro am Wegesrand für einige Meter, bis wir das Dorf verlassen und weiter fahren. Während ich so aus dem Fenster schaue, meine Plantainchips verdrücke und die Landschaft an mir vorbeiziehen lasse, fühle ich mich wirklich wie in einem Kino. Vieles, was ich draußen sehe, ist neu und spannend, bunt und lebendig. Am Fensterplatz im Trotro kann man sich Ghana wie einen Film anschauen und alles aus Distanz beobachten und auf sich wirken lassen. Nur, wenn die Menschen auf den Straßen mich mit großen Augen anstarren und mir dann kurze Zeit später „Hey Obroni, Obroni!!“zugerufen wird, werde ich aus meinem Film gerissen und realisiere, dass ich ja gerade mitten drin bin und nicht eine fiktive Welt, sondern die Wirklichkeit betrachte.


Mit Plantainchips im Trotro

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