Meine Malariaerkrankung


Die Aufenthalte im Krankenhaus



Ich habe mich die letzten Wochen nicht gemeldet und das aus einem einfachen Grund: ich war krank. Davon erzählt habe ich nur den engsten Freunden und der Familie, einfach weil die Diagnose „Malaria“ sofort für Angst und Schrecken sorgt und ich nicht wollte, dass sich unnötig viele Menschen um mich sorgen. Natürlich war es keine schöne Erfahrung aber letztendlich war die Krankheit (zumindest in meinem Fall) nur halb so schlimm, wie es sich im ersten Moment vielleicht anhört. Da ich sowieso öfters gefragt werde, wie es denn um das Gesundheitssystem in meinem Umfeld steht, dachte ich,  ich berichte mal von meinen Krankenhausaufenthalten, denn es ist wirklich vieles anders als in Deutschland. Ich bin übrigens mittlerweile wieder fit und unterrichte auch wieder! (Ein Beitrag zu den Fortschritten in meiner Freiwilligenarbeit wird folgen.)

Die ersten Krankheitssymptome die ich hatte, waren wie bei einer ganz normalen Erkältung: ich hatte Halsschmerzen, war total verschnupft und fühlte mich einfach generell sehr schlapp. Das einzige was mir etwas Sorgen machte, war, dass ich manchmal Herzklopfen hatte, so als wäre ich total aufgeregt. Eine Stunde Französisch habe ich dann trotzdem noch unterrichtet aber mir wurde schnell klar, dass ich auf Dauer einfach zu schlapp war, um die tobenden Kids noch weitere Stunden ruhig zu halten. Deshalb machte ich mich mit Lisa auf den Weg zu dem Hospital in unserem Dorf, um mich krankschreiben zu lassen.

Man erreicht das Hospital über einen steinigen Feldweg. Es ist ein Gebäude mit mehreren Zimmern, welche alle nach außen gerichtet sind. Es gibt das Arztzimmer, das Labor und weitere kleinere Behandlungszimmer. Anstatt Türen sind meistens Stoffe vor die Eingänge gehängt, die mal mehr und mal eher weniger die Einsicht in das Behandlungszimmer verhindern. Die Patienten warten alle draußen vor dem Gebäude, wo mehrere Holzbänke aufgereiht sind. Ab und zu kommen Frauen vorbei, welche Essen auf dem Kopf tragen, um es an die Wartenden oder die Krankenschwestern zu verkaufen. Und wie überall in Ghana, laufen auch vor und in dem Hospital Ziegen und Hühner herrum, was die Ärzte aber wenig stört.

Meine erste Station war das Zimmer der Krankenschwestern. Hier wurde ich gewogen, der Blutdruck wurde gemessen und die Körpertemperatur gecheckt. Station Nummer zwei war das Arztzimmer. Ich erklärte dem gut gelaunten Arzt meine Symptome und das ich eine Krankschreibung möchte. Dieser kramte erstmal sein Handy aus der Tasche, um mir mit der Handytaschenlampe in den Mund zu leuchten. Dann schickte er mich mit einem Zettel zur nächsten Station: dem Blut abnehmen.  Auf dem Zettel bekam ich schon mal eine Vorwarnung; er hatte dort „Diagnose: Malaria?“ aufgeschrieben. Dementsprechend schon etwas beunruhigter, ging es für mich zum Blut abnehmen. Ein junger Pfleger kam hinter dem Stück Stoff hervor und wirkte sichtlich aufgeregt, dass er jetzt eine Nadel in weiße Haut stechen musste. Nach kurzem Abklopfen meines Arms, auf der Suche nach einer Ader, stand er abrupt auf und erklärte mir, dass er das nicht könne und dass er eine Kollegin holen würde.  Diese schaffte es dann auch mir Blut abzunehmen, welches im Labor nebenan untersucht wurde. Für mich ging es wieder zurück in die Sonne auf die Holzbank, wie zwischen allen Stationen. Ich hatte wirklich Mitleid mit den Patienten, die schlimmer dran waren als ich und stundenlang draußen auf der Holzbank warten mussten. Manche legten sich draußen unter einen Baum in den Schatten. Unsere Rekordwartezeit hatten Lisa und ich übrigens bei dem zweiten Besuch im Hospital: fast sieben Stunden musste ich krank auf der Holzbank ausharren, zusammengequetscht mit vielen anderen Patienten und Eltern mit kranken Kindern. Die Kontrolle meines Blutes dauerte glücklicherweise nicht ganz so lange und so konnte ich wieder zum Arzt.  Dieser erklärte mir, dass ich viel Ruhe bräuchte und dass er mir einige Medikamente verschreiben würde. „Also habe ich keine Malaria?“, fragte ich erleichtert.
 „Oh doch, natürlich hast du Malaria.“
,war die gelassene Antwort seitens des Arztes. In diesem Moment war ich echt fassungslos. Ich sprühe mich immer sorgfältig mit Moskitospray ein, trage abends trotz Hitze lange Klamotten, schlafe unter einem Moskitonetz und nehme täglich eine Tablette als Malariaprophylaxe. Ab und zu hatte ich natürlich trotzdem schon mal einen Mückenstich… zu hundert Prozent kann man es ja dann irgendwie doch nicht vermeiden aber trotzdem, sollte ich jetzt trotz diesen ganzen Aufwandes Malaria haben?! Auf meine Frage, welche Malaria-Art ich den hätte, bekam ich ein Schulterzucken. Er hätte jetzt gerade kein Mikroskop zur Hand und könne es deshalb nicht feststellen. Der Arzt versicherte mir allerdings, dass ich nicht die schlimmste Malaria-Art hätte. Es muss also eine von den drei anderen Arten sein. Nebenan im Behandlungszimmer bekam ich noch zwei Spritzen gegen die Malaria und musste mir anschließend einen ganzen Stapel Medikamente abholen. Schmerztabletten, Anti-Malaria-Tabletten, Vitamin-C-Kautabletten und und und. Alle mussten zu einer ganz bestimmten Uhrzeit eingenommen werden. So bewaffnet ging es dann für mich nach Hause und total erschöpft ins Bett.
Die nächsten Tage war ich total schlapp. Ich hatte Husten, Schmerzen an den Stellen wo ich die Spritzen bekommen hatte, Kopfschmerzen, Herzklopfen und zum Teil auch Fieber. Unsere Verabredung mit zwei finnischen Freiwilligen am Wochenende mussten wir deshalb leider absagen und ich verbrachte die Tage im Bett. Besonders das Klima machte mir sehr zu schaffen. In unserem Zimmer gibt es weder ein richtiges Fenster, noch einen Ventilator und die Hitze, Schwüle und hohe Luftfeuchtigkeit sind wirklich unangenehm, wenn man krank im Bett liegt. An der Schule hatte sich mittlerweile herrumgesprochen, dass ich Malaria hatte und ich bekam einige Besserungswünsche und viele Lehrer wollten für mich beten. (Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob es nur eine Redewendung ist oder ob sie mich wirklich in ihren Gebeten erwähnt haben.)  Mit der Zeit ging es mir dann wirklich so langsam immer etwas besser- vielleicht lag es an den lieben Nachrichten oder an den Medikamenten- man weiß es nicht.😉 Da ich aber immer noch nicht ganz gesund war, sollte ich trotzdem nochmals in das Hospital. Diesmal wurde ich freundlicherweise von dem Fahrer  des klapprigen Schulbusses gefahren- Krankentransport à la Ghana. Im Krankenhaus angekommen durchlief ich wieder die gewohnten Stationen. Beim Blut abnehmen saß ich wieder dem aufgeregten jungen Pfleger gegenüber. „Sister, I´m scared. I can`t do it“- Er verschwand, um wenige Minuten später wiederzukommen: „My colleague isn`t there, so I guess I have to do it.“ Ich war kurz davor ihm anzubieten, mir selber das Blut abzunehmen, habe mich dann allerdings doch nicht getraut. Stattdessen versuchte ich ihn zu beruhigen und versicherte ihm, dass er keine Angst haben müsse und dass es bei mir eigentlich genauso ist wie bei jedem anderen Patienten  auch. Er schaffte es dann tatsächlich auch beim ersten Versuch und war total erleichtert und glücklich. Diesmal dauerte die Untersuchung des Blutes länger und als ich endlich den Arzt sehen konnte, teilte dieser mir fröhlich mit, dass ich keine Malaria mehr hätte. Da war ich dann komplett verwirrt. Ich hatte mich in Deutschland ja schon etwas über Malaria informiert und es hatte immer überall geheißen, dass eine Erkrankung langfristige Folgen hat und nicht mal so eben geheilt werden kann. Es kann ja eigentlich auch nicht von irgendwoher kommen, dass man nach einer Malariaerkrankung nie wieder Blut spenden darf. Der Arzt erklärte mir allerdings, dass die Malaria, durch die Medikamente welche ich genommen hatte, geheilt werden konnte und deshalb jetzt nicht mehr im Blut nachweisbar war. Mitten im Gespräch über meine Erkrankung, fragte er dann auf einmal ob er Lisa und mich nicht zum Eis essen ausführen könnte und ob er meine Handynummer haben könne. (Das war wirklich eine sehr komische Situation)
Auch wenn das Krankenhaus nicht gerade steril und hygienisch ist und ich immer noch verwirrt bin über die verschiedenen Aussagen bezüglich Malaria, habe ich das Gefühl, dass die Ärzte (von dem Eis-Vorfall abgesehen) professionell sind und sich gut auskennen. Eine Malaria-Erkrankung ist hier auch nichts Besonderes und wird tagtäglich behandelt. Sollte ich das Gefühl haben, dass die medizinische Versorgung bei uns im Dorf nicht ausreicht, so besteht ja immer noch die Möglichkeit in ein größeres Krankenhaus nach Accra zu fahren  oder im allerschlimmsten Falle zurück nach Deutschland zu fliegen. Das ist mein riesengroßes Privileg.

Die staatliche Krankenversicherung in Ghana deckt übrigens nur Malaria-Behandlungen ab. Für alles andere müssen die Menschen selber aufkommen. Am Anfang des Schuljahres wurde einmal ein Mädchen von den Eltern zur Schule geschickt, obwohl sie total krank war und Blut gespuckt hat. Die Eltern hatten gehofft, dass Grandpa, aus Mitleid mit dem Kind, es ins Krankenhaus schickt und die Behandlungskosten dort übernimmt… Ich habe also das Gefühl, dass die Möglichkeiten für eine gute medizinische Versorgung vorhanden sind (zumindest hier in Nsawam), sie sind allerdings leider nicht für alle zugänglich.

Im Schulbus auf dem Weg in das Hospital

 

Ihr könnt mir gerne eure Gedanken bezüglich des Themas oder Anmerkungen zu meinem Blog in die Kommentare schreiben. Liebe Grüße, Lotte

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