Weihnachten fern von daheim
„Weihnachten fern von daheim“ – so lautet der Titel des
Buches, dass Lisa und ich vor ein paar Wochen unter einem Stapel von Büchern in
Grandpas Wohnung gefunden haben. Die Bücher sind Überbleibsel von den
Freiwilligen vor uns und ich habe schon das eine oder andere, leider zum Teil
etwas schimmelige, Exemplar in unseren freien Nachmittagen gelesen. „Weihnachten
fern von daheim“ beinhaltet 24 Weihnachtsgeschichten, geschrieben von Menschen,
die Weihnachten fern von daheim gefeiert haben. Die verschiedenen Storys sind,
zumindest meistens, sehr interessant und passen thematisch natürlich total in
unser diesjähriges Weihnachtsfest. Lisa und ich sind also beide sehr froh, dass
wir das Buch entdeckt haben und jetzt als Adventskalender benutzen können, denn
sonst erinnert nicht viel in unserer Umgebung daran, dass gerade Adventszeit
ist.
Anstelle von Schnee und Kälte, herrschen hier
Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit vor. Die Trockenzeit hat begonnen und anstatt
sich Gedanken über Weihnachtsgeschenke oder das passende Outfit für Silvester
zu machen, überlegen wir, wie wir möglichst sparsam mit den Resten des
Brunnenwassers umgehen können (Wir haben schon seit neun Wochen kein fließendes
Wasser mehr). Auch in unserem Dorf nimmt das Leben seinen gewohnten Lauf
und es fehlt jede Spur von Festtagsstimmung. In der Schule herrschte in der
letzten Woche ebenfalls eine eher stressige als besinnliche Atmosphäre. Vor den
Ferien werden hier traditionell in allen Klassen und in allen Fächern Examen
geschrieben, was bedeutet, dass auch das Wissen unserer Französischklassen
getestet wurde. Die Examen für meine Klassen habe ich, mit Hilfe einiger
Vorlagen, selber erstellt und abgetippt. Zugegebenermaßen hatte ich als es
Ernst wurde etwas Angst, dass ich zu anspruchsvolle Aufgaben an die Kinder
stelle und das sie vielleicht noch nicht gut genug vorbereitet sind.
Mittlerweile habe ich allerdings alle Examen korrigiert und kann stolz
berichten, dass die Kinder mich mit ihren Leistungen wirklich positiv
überrascht haben. Die meisten haben wirklich eine hohe Punktzahl erreichen
können und ich bin sehr stolz, dass sie innerhalb der letzten drei Monate schon
so viel gelernt haben. Trotzdem war die Examswoche doch sehr nervenaufreibend,
weshalb ich meine letzten Stunden eher
entspannt gestaltet habe. Wir haben gemeinsam „Papa Noël“ gemalt und uns
französische Weihnachtslieder angehört, so dass dann doch etwas
Weihnachtsstimmung aufkam. Diese schwappte dann endlich auch zu den anderen
Lehrern über, die mit den Kindern mittlerweile Tänze zu „Jingle Bells“ einstudieren
und Weihnachtshüte basteln. Trotz dessen, vermisse ich doch etwas den
oberbergischen Winter, die weihnachtliche Dekoration auf den Straßen und das
Zusammenkommen der Menschen auf den Weihnachtsmärkten. Deshalb versuchen Lisa
und ich, im Rahmen unserer Möglichkeiten, unser Zimmerchen und unsere freie
Zeit so festlich wie möglich zu gestalten (von Sandra haben wir deshalb den
Spitznamen „Christmasgirls“ bekommen). So haben wir uns zum Beispiel aus alten
Cola-Flaschen einen Adventskranz gebastelt und bei unserem letzten
Wochenendausflug haben wir uns in einem Supermarkt eine blinkende Lichterkette
gegönnt, welche jetzt über dem Moskitonetz hängt. An unseren freien
Nachmittagen läuft meine Weihnachtsplaylist rauf und runter und als wir
vorletztes Wochenende Besuch von unserer Freundin Maren bekommen haben, durften
wir sogar an Grandpas Gasofen, um Weihnachtsplätzchen zu backen. Dabei mussten
wir zwar sehr improvisieren, da es schwer war, auf dem Markt Zutaten für einen Teig
zu finden und es uns an jeglichen hilfreichen Küchengeräten fehlt aber mit dem
Endergebnis waren wir dann doch ganz zufrieden (auch wenn die erste Ladung
Plätzchen verbrannt ist). Mit Maren haben wir außerdem in einer Bar in
Sakyikrom auf unseren 100. Arbeitstag als Freiwillige angestoßen- es ist
verrückt, wie schnell die Zeit vergeht! Passend zu diesem Meilenstein, hat der
ICYE (InternationalCulturalYouthExchange) angefragt, ob ich nicht Lust hätte,
mich an der Kampagne #changethroughvolunteering , welche am internationalen Tag
des Ehrenamtes stattfand, zu beteiligen. Das habe ich natürlich gerne gemacht
und mir ein, meiner Meinung nach, passendes Zitat von Kofi Annan (wer auch
sonst) herausgesucht. Das Ergebnis -plus Foto- seht ihr unten!
Mittlerweile bin ich übrigens auch
wirklich wieder topfit und Lisa und ich haben so viel Abstand gewonnen, dass
wir über unsere Malaria-Erkrankungen lachen können. So haben wir beispielsweise
schon einige Lieder unserer Playlists in
„ghanaische Versionen“ umgewandelt und dabei oftmals tränengelacht. Aus „dicke
rote Kerzen“ wurde „dicke rote Stiche“ und der Tannenzweigenduft verwandelt
sich in Ghana natürlich in „Moskitosprayduft“. Das typische
Mallorca-Schlagerlied „Scheiß drauf“
gibt’s bei uns auch nur noch in folgender „Ghana-Version“:
„Aber scheiß drauf,
Wasser gibt’s nur einmal im Jahr! Ole Ole und Malariaaa“
-> wie ihr seht,
sind wir mittlerweile zu richtigen Liedtextern geworden und können mit
Sicherheit am Endes des Jahres eine Schalplatte mit den Best Offs rausbringen…😝
Ich wurde jetzt übrigens schon ein paar
Mal gefragt, ob es hier besondere Traditionen an Weihnachten oder Silvester gibt,
was ich, zumindest nach meinen bisherigen Erfahrungen, leider mit „nein“
beantworten muss. Das liegt daran, dass die Ghanaer zum aller größten Teil streng gläubig sind und
Weihnachten, sowie Silvester, in der Kirche verbringen. Für die Kirchengänge machen
sich alle immer besonders schick und dann wird stundenlang gemeinsam gebetet,
getanzt, gesungen und gegessen. An Silvester ist es üblich, dass man sogar die
ganze Nacht in der Kirche verbringt – besondere Bräuche oder Feste fallen
deshalb meistens aus.
Da
Schulferien sind, werde ich die Zeit ausnutzen, um mit anderen Freiwilligen
durch das Land zu reisen. Die Weihnachtsfeiertage wollen wir an der Küste
verbringen. Heiligabend unter Palmen am Strand- es wird also der komplette
Gegensatz zu der stereotypischen „weißen Weihnacht“. Wo genau ich ins neue Jahr
starten werde, weiß ich noch gar nicht. Während des Reisens ergeben sich immer
neue Wege und man trifft auf interessante Menschen. Ich werde also
wahrscheinlich irgendwo in Ghana in einem Hostel oder in einer Bar, eine Stunde
später als in Deutschland, mit neuen Freunden auf 2019 anstoßen.
In diesem Sinne, sommerliche
Weihnachtsgrüße von Ghana ins Oberbergische!
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100 Tage an der Sygma-School! Wir feiern in einer kleinen Bar in Sakyikrom. |
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Not macht erfinderisch - unser selbstgebastelter Adventskranz |
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Die Kinder haben sich so über "Papa Noel" gefreut, dass sie die anderen Lehrer überredet haben, eine Woche lang nicht die Tafel zu putzen! |
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Auschnitt aus dem Exam für die zweiten Klassen |
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Jetzt wirds ernst! Kurz vor dem French-Exam in der dritten Klasse |
"Knowledge is power. Information is liberating. Education is the premise of progress, in every society." - Kofi Annan I am happy to be part of the #changethroughvolunteering Campaign from Icye! The volunteering shows me everyday how important education is - to provide knowledge, independence and equality. #changetroughvolunteering #icye #icja #internationalertagdesehrenamtes
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