Darf ich vorstellen: Das Trotro (Teil 2)

Public Viewing im Trotro

Falls ihr ihn noch nicht gesehen habt, schaut euch unbedingt den ersten Teil meiner Trotro-Reihe "Trotro = Kino" an!😊

(Hier mehr News aus Ghana: Foto-Update )

In meiner Trotro-Reihe stelle ich euch unterschiedliche Trotro-Fahrten vor und nehme euch so mit auf meinen Wegen durch Ghana.

Trotro = PublicViewing

Lisa und ich lassen uns erschöpft in die etwas abgenutzten Sitze fallen. Gottseidank konnten wir die letzten Plätze auf der Sitzbank ergattern und müssen uns nicht auf die ausklappbaren, schmalen Stühle quetschen, die jetzt den Durchgang zu der Schiebetür versperren. Das Trotro ist wiedermal so vollgestopft, dass der Mate quasi halb aus dem Fenster hängt. Das stört ihn allerdings scheinbar wenig, schließlich ist es sowieso sein Job, den Menschen die draußen auf der Straße unterwegs sind, den Zielort des Trotros zuzurufen. „Nsawam, Nsawam“ wiederholt er immer und immer wieder, wobei sich seine Rufe mit denen der Mates aus den anderen Trotros, welche an uns vorbeirasen vermischen. Plötzlich bremst das Trotro so stark ab, dass Lisa und ich uns an den Lehnen der Sitze vor uns festkrallen müssen. Eine Mutter mit einem Baby hat das Trotro herangewunken und quetscht sich zu den anderen Frauen auf die vorderste Sitzbank. Obwohl das Trotro nun wirklich zu platzen droht, herrscht eine entspannte Atmosphäre. Der Grund hierfür ist ein kleiner Bildschirm, der vorne an der Decke befestigt wurde. Er spielt gerade einen afrikanischen Film ab, welcher die Aufmerksamkeit von allen Trotro-Insassen auf sich zieht. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um einem ghanaischen Film handelt oder doch eher einen „Nollywood-Streifen“. Das nigerianische Bollywood produziert nämlich eine Vielzahl an Filmen, welche in ganz Westafrika sehr beliebt zu seien scheinen. Das ich noch  nicht einmal erkennen kann, um welche Sprache es sich überhaupt handelt, ist nicht schlimm, da die Handlung relativ simpel und selbsterklärend ist, sodass man sie auch ohne Sprachkenntnisse verstehen kann. Während ich zu dem Entschluss komme, dass es sich wahrscheinlich um  Twi handelt, häufen sich die Ereignisse auf dem kleinen Bildschirm. Ein Mann wird während der Arbeit auf dem Feld von einem Kollegen mit der Machete erschlagen. Während ich über die eher misslungen Specialeffects und die offensichtlich gekünstelten Blutspritzer schmunzeln muss, geben die anderen Frauen im Trotro erstaunte Rufe von sich. Einige fangen an, sich über den Film zu unterhalten. Ich würde nur zu gerne verstehen, was sie so reden, während sie angespannt auf den Bildschirm starren. Es fühlt sich an, als wäre ich mitten in ein PublicViewing  gebeamt worden… Überall neben und vor mir wird gegessen und sich über den Film ausgetauscht. Mit den übertriebenen Gestikulierungen der Schauspieler und der dramatischen Hintergrundmusik kann ich allerdings wenig anfangen, weshalb ich mir nach einigen Minuten meine Kopfhörer in die Ohren stecke und das PublicViewing um mich herum, ausschalte. Es ist sehr angenehm, dass die Aufmerksamkeit der  Trotro-Mitfahrer nicht auf Lisa und mich, sondern auf den Film gerichtet ist. So kann ich meine Musik in Ruhe genießen und mich dem Kino widmen, dass auf der anderen Seite des Trotro-Fensters stattfindet. Ab und zu werfe ich dann aber doch nochmal einen Blick auf den Bildschirm. Schließlich möchte ich doch wenigstens wissen, wie der Film ausgeht, auch wenn ich mich dem PublicViewing im Trotro entziehe.
Mit Lisa während der besagten Trotro-Fahrt vor einem Monat.

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